Die Farben des Turmalin
von Wolfgang Gädeke
Der Farbenreichtum des Turmalin ist bekannt und schon häufig
beschrieben worden. Er kommt nicht nur in allen denkbaren Farben vor, sondern auch in verschiedenen
Farbkombinationen. So gibt es z. B. innerhalb eines Kristalls übereinander zwei und mehr
verschiedene Farben, die entweder scharf voneinander abgesetzt sind oder sanft ineinander übergehen.
Solche Kristalle nennt man bei zwei Farben bicolor, bei drei Farben trikolor usw. Es gibt aber auch
Kristalle, bei denen auf einer Ebene senkrecht zur Längsachse (c-Achse), innen anderer Farben
erscheinen als außen, zum Beispiel die so genannten „Melonen“, die außen grün
und innen rot sind. Am bekanntesten sind vielleicht die Kristalle, in deren Querschnitten
vielfarbige dreieckige Muster erscheinen.
Abbildung 1: Farbreihe geschliffener Turmaline
Weniger bekannt ist es, dass der Turmalin einen ausgeprägten
Dichroismus besitzt. Das heißt, dass die Farbe des Kristalls beim Durchblick durch seine Längsseite
(also im Winkel von 90 Grad zur c-Achse) eine andere ist, als wenn man mit der c-Achse durch den
Kristall schaut. Außerdem lässt der Kristall bei gleicher Materialstärke in der
c-Achse weniger Licht durch als durch die anderen Achsen, sodass er in dieser Richtung fast immer
dunkler erscheint.
Wenn wir zum Beispiel einen blauen Turmalin, einen Indigolith, von der Seite anschauen, dann zeigt
er meist ein kaltes Preußischblau. Schaut man aber in der Richtung der c-Achse, so erscheint
er meistens ganz dunkel bis schwarz; aber ein wunderbar warmes Ultramarinblau kommt zum Vorschein,
wenn der Kristallabschnitt, durch den wir schauen, dünn genug ist. Oftmals erscheint diese schöne
Farbe erst, wenn der Kristall so dünn gesägt ist, dass ein Brillantschliff, der diese
Farbe am besten zur Erscheinung bringen würde, nicht mehr möglich ist, weil die Winkelverhältnisse
dafür nicht mehr ausreichen. Ist der Stein aber dicker, so ist das Blau oft viel zu dunkel, als
dass es richtig leuchten könnte. In einem solchen Fall kann ein Schleifer versuchen, einen
Kompromiss zu finden, indem er die „Tafel“, d. h. die obere Fläche eines
geschliffenen Steines, nicht senkrecht zur c-Achse, sondern gegen diese geneigt legt, damit der
Stein mehr Licht durchlässt, ohne aber vom Ultramarin schon in das Preußischblau zu
wechseln.
Etwas Ähnliches gilt auch für alle grünen Farbtöne, die ein Turmalinkristall
haben kann. Anders ist es bei den rosa Kristallen. Da auch sie in der c-Achse mehr Licht
absorbieren, erscheinen sie in dieser Richtung dunkler rosa, manchmal sogar in einem kräftigen
Rot.
Eine weitere Besonderheit in der Farbigkeit des Turmalin liegt darin, dass er eine Tendenz zur
Dunkelheit, zum Schwarz besitzt. So gibt es sehr viel schwarzen Turmalin (Schörl). In den
letzten Jahren ist durch die Arbeiten von Tassilo Deyer und Paul Rustemeyer entdeckt worden, dass
sehr viele dieser schwarzen Turmaline eigentlich auch farbig sind. Man hat sie in allerdünnste
Scheiben von wenigen tausendstel Millimetern geschliffen und dadurch diese Farbigkeit zur
Erscheinung gebracht. In dem Buch von Rustemeyer „Faszination Turmalin“, Spektrum
akademischer Verlag, Heidelberg Berlin, 2003, gibt es eindrucksvoller Bilder solcher Turmalin-
Querschnitte.
Auf der anderen Seite ist ein farbloser Turmalin (Achroit), der die gleiche Farberscheinung wie ein
Bergkristall aufweist, ausgesprochen selten. Auch bei den farbigen Turmalinen überwiegen die
dunklen Farbtöne. Im Gegensatz zu den Farben der Topase, deren Farben einen duftigen,
pastellartigen Charakter haben, sind die Farben des Turmalin eher dunkel, schwer und erdhaft. Die
Abbildungen können dies nur andeutungsweise wiedergeben.
Abbildung 2: Facettierte Topase in verschiedenen Farben
Abbildung 3: Facettierte Turmaline in verschiedenen Farben
So kann man sagen, dass der Turmalin nicht nur dadurch eine
besondere Beziehung zur Erde hat, dass er von allen Edelsteinen die meisten chemischen Elemente in
sich vereinigt, sondern auch durch seine optischen Eigenschaften eine besondere Verwandtschaft zur
dunklen Erde zeigt.
Die Veröffentlichung auf der Seite: www.das-turmalin-zimmer.de erfolgt mit
freundlicher Genehmigung der Redaktion der Zeitschrift „Die Christengemeinschaft“
Aus der Zeitschrift 'Die Christengemeinschaft', 79. Jg., Heft 6, Juni 2007, Seite
290 ff.